In den EU-Ländern wurde der Handel mit Gütern in den letzten Jahren wesentlich vereinfacht. Das ist nicht nur für die Unternehmer gut, sondern kann auch interessierten Neuwagenkäufern Vorteile bringen, denn Autos sind in anderen Ländern häufig wesentlich günstiger als hierzulande. Leider ist dafür der Verwaltungsaufwand entsprechend größer und es gibt noch ganz andere Stolpersteine, mit denen man vielleicht gar nicht rechnen würde.
Was bedeutet überhaupt EU-Neuwagen?
Per Definition sind EU-Neuwagen Fahrzeuge, die für den Verkauf auf dem europäischen Markt bestimmt sind. Die Automobilhersteller fertigen für andere Länder eigene Versionen, die sich im Detail unterscheiden können. Auch Reimporte zählen zu den EU-Neuwagen. Diese werden in Deutschland produziert, sind aber eigentlich nicht für den deutschen Markt gedacht. Im Regelfall sind Qualität und Grundaufbau aber gleich. Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:
– Das Fahrzeug war in seinem Bestimmungsland bereits auf dem Markt… – …ist aber nicht älter als ein Jahr – Es darf kein Vorbesitzer eingetragen sein – Fahrgestellnummer und Auslieferungsdatum sind im Serviceheft vermerkt – Der Kilometerstand muss annähernd „0“ betragen – Wichtige Papiere müssen vorhanden sein (Original-Kaufbeleg und COC) |
Mögliche Unterschiede
Die für die anderen Länder und Regionen produzierten Fahrzeuge sind natürlich im Grunde gleich mit den in Deutschland angebotenen. Im Detail kann es jedoch Unterschiede geben.
So wird in den skandinavischen Ländern aufgrund des kühleren Klimas manchmal auf eine Klimaanlage verzichtet und dafür leistungsfähigere Heizung eingebaut.
Andererseits gehört die Klimaanlage in heißeren Regionen zur Standardausstattung. Auch hierzulande verfügbare Motor- und Getriebekombinationen werden möglicherweise aus mangelndem Interesse nicht angeboten.
Der Bordcomputer lässt sich in den meisten Fällen mit wenigen Handgriffen umstellen oder mit neuer Software (Firmware) versehen. Dies ist allerdings nicht immer der Fall und auch Anschlüsse oder erwartete Funktionen können anders sein.
Bei den Ausstattungspaketen fehlen manchmal hierzulande als Selbstverständlichkeit angenomme Merkmale wie eine elektronische Wegfahrsperre. Dies kann letztendlich sogar zu Problemen mit der Versicherung führen, denn ohne dieses Ausstattungsmerkmal werden möglicherweise höhere Beiträge fällig.
Sämtliche Papiere und Dokumentationen sind selbstverständlich in Landessprache verfasst. In manchen Fällen ist es allerdings möglich, eine Übersetzung direkt beim Hersteller anzufordern. Das Scheckheft ist in allen EU-Ländern ähnlich oder gar gleich aufgebaut und sollte problemlos in Deutschland eingesetzt werden können.
Wie viel kann man sparen?
In Deutschland werden Autos mit der allgemeinen Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) besteuert. Dieser Steuersatz liegt bekanntlich bei 19%.
In Ländern wie Frankreich, Dänemark oder Griechenland sind aber 20% – 25% zu entrichten. Um die Preise zu homogenisieren ist der Brutto-Preis von Fahrzeugen in diesen Ländern deswegen niedriger. Davon kann man profitieren, denn beim Import nach Deutschland wird lediglich unsere Mehrwertsteuer fällig. In der Praxis kann man im Normalfall zwischen 20% und 40% des hierzulande üblichen Preises sparen.
Abgesehen von der bei der Einfuhr fälligen Mehrwertsteuer und natürlich etwaigen Überführungskosten kommen auf den Käufer von EU-Neuwagen nur die üblichen Kosten für die Anmeldung bei der KfZ-Zulassungsstelle und die entsprechenden Nummernschilder zu. In dieser Hinsicht gibt es also keine weiteren Unterschiede zum Kauf beim deutschen Händler.
Verwaltungsaufwand, Garantie und Versicherung
Immer wieder werden gestohlene Fahrzeuge an ahnungslose Autokäufer verkauft. Das böse Erwachen kommt dann meist erst bei der Zulassung, denn erforderliche Dokumente sind nicht vorhanden und eine Anmeldung ist damit nicht möglich.
Wer einen EU-Neuwagen kauft, sollte deswegen darauf achten, dass alle erforderlichen Dokumente und Eintragungen vor dem Import vorhanden sind. Dazu gehören in jedem Fall das Serviceheft (Scheckheft) und das sogenannte „Certificate of Conformity„. Ersteres liegt dem Fahrzeug immer bei, Letzteres können die Händler (oder auch der Käufer) beim Hersteller bestellen. Vor dem Import sollte in das Serviceheft die Fahrgestellnummer und das Auslieferungsdatum eingetragen werden. So vermeidet man Probleme mit dem Zoll und kann weitere Kosten verhindern. Ganz wichtig ist auch der Kaufvertrag, allerdings weniger für die Anmeldung als für die Gewährleistungsansprüche. Die werden nämlich vom eingetragenen Händler übernommen, mit dem man sich im Ernstfall dann auseinandersetzen müsste. Trägt sich der Verkäufer hier nur als „Vermittler“ ein, wird es am Ende schwer, den tatsächlichen Händler zu ermitteln. Der könnte am Ende sonstwo sitzen.
Bezüglich der Garantie kommt die Gleichstellung der EU-Länder den interessierten Käufern zu Gute, denn es ist völlig egal, in welchem Land man ein Auto kauft, die Garantie gilt uneingeschränkt in der gesamten europäischen Union. Die Erfahrung hat aber gezeigt: Wer mit seinem EU-Neuwagen zu einem deutschen Händler oder einer Vertragswerkstatt geht, wird oft nicht so gut behandelt. Zwar sind diese zur Abwicklung von Garantiesachen gezwungen, Kulanz oder gehobenen Eifer darf man aber nicht erwarten. Schließlich haben die ja auch nichts an dem Fahrzeug verdient, das sie jetzt reparieren müssen.
Für die Versicherung ist es völlig egal, aus welchem Land das Fahrzeug stammt. So lange die Voraussetzungen an Fahrzeugsicherheit und Diebstahlschutz eingehalten werden, sind Beiträge und Leistungen gleichzusetzen mit in Deutschland gekauften Autos. Auch die Rabattstufe für Unfallfreiheit wird man im Regelfall behalten dürfen. Lediglich wenn wichtige sicherheitstechnische Merkmale fehlen, können sich die Versicherungen quer stellen. Deswegen sollte man sich vor dem Kauf die Ausstattungsliste ganz genau ansehen und im Zweifel nachfragen.
Fahrzeugwert und Verkauf
Natürlich kann die Wertstabilität von Fahrzeugen ein Kaufargument oder gar ein Hauptaspekt sein, warum man sich für eine bestimmte Marke oder ein Modell entscheidet. Wer sich aber für einen EU-Neuwagen interessiert, sollte vor dem Kauf bedenken, dass diese hierzulande nur selten die gleichen Verkaufspreise erzielen wie solche, die für den deutschen Markt gefertigt werden. Dies liegt einerseits an den bereits erwähnten Unterschieden in puncto Ausstattung und Bedienung, andererseits aber auch daran, dass das Vertrauen in solche Fahrzeuge nicht allzu hoch ist. Obwohl sie letztendlich vom gleichen Band laufen und mit gleichen Materialien gefertigt werden.
Wer seinen ehemaligen EU-Neuwagen weiterverkaufen möchte, muss mit Einbußen von etwa 10% des eigentlichen Marktwerts rechnen. Unabhängig davon, ob man diesen an einen Händler veräußert oder privat verkauft.
Alles wichtige auf einen Blick:
Zum EU-Neuwagen: |
>> EU-Neuwagen sind für den europäischen Markt gefertigte Fahrzeuge. >> Sie sind nicht älter als ein Jahr, dürfen vorher nicht zugelassen und nicht gefahren sein. >> Der Import ist vor allem aufgrund der Steuerersparnis auf den Brutto-Preis lohnenswert. |
Zur Anmeldung: |
>> Neben dem Scheckheft benötigt man den Kaufvertrag und das „Certificate of Confirmity“. >> Fahrgestellnummer und Auslieferungsdatum müssen eingetragen sein. |
Zu den Kosten: |
>> Man bezahlt nur die allgemeine Umsatzsteuer und die normalen Anmeldungskosten >> Die Kosten für die Überführung kann man selbst tragen oder dem Händler (Pauschale) überlassen. Letzteres ist meist teurer. >> Versicherung und Steuern sind bei gleicher Ausstattung identisch mit deutschen Fahrzeugen. |
Vorteile:1. Hohes Sparpotential |
Nachteile:1. Größerer Aufwand bei Kauf und Anmeldung |
Fazit
Angesichts des hohen Sparpotentials ist man mit Sicherheit bereit, ein paar Unannehmlichkeiten in Kauf zu nehmen, allerdings kann es sein, dass sich die Ersparnis schnell in Luft auflöst, wenn man wichtige Punkte nicht beachtet.
Im Endeffekt lohnt sich ein Kauf von EU-Neuwagen vor allem dann, wenn man vorher seine Hausaufgaben macht, sich informiert und die Überführung selbst plant und durchführt. Wem das aber zu viel ist, der sollte sich lieber bei deutschen Händlern nach Schnäppchen umsehen und sein Verhandlungsgeschick nutzen.
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